// Projekt "Science to Business" Fraunhofer Gesellschaft

Interview mit Robert Seeliger, Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS), Berlin und Christine Strothotte, Professorin für Interaction Design an der Hochschule Magdeburg-Stendal anlässlich der Projektpräsentation des M.A. Cross Media, Wintersemester 2010/11 am 18.02.2011

Die Zeiten, in denen Wissenschaftler allein in ihrem Kämmerchen vor sich hin forschen, sind seit etlichen Jahren vorbei. Dennoch gibt es immer wieder Defizite in der Kommunikation nach außen. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik werden Studierende des Studiengangs Cross Media ergründen, wie Forscher ihre Ergebnisse verständlich und effizient für die Öffentlichkeit aufbereiten können. Das Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme stellt dafür eine vernetzte Videoplattform zur Verfügung, deren User Experience die Projektteilnehmer auf den Prüfstand stellen. Welche Medien bieten das beste Aufwand-Nutzen-Verhältnis zum Erreichen der Zielgruppe? Wo ist die Grenze zwischen gebotener Vereinfachung und Verfälschung von Informationen? Die Studierenden haben anhand konkreter Forschungsarbeiten u.a. mit Image- und Produktvideos, Infografiken und Interviewformen in nonlinearen Strukturen experimentiert und das Fundament für eine nachhaltige und zielgerichtete Kommunikation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gelegt. Interaktive Prototypen verdeutlichen die Projektergebnisse von Science to Business.

Herr Seeliger, die Fraunhofer Gesellschaft hat weltweites Renommé, beschäftigt anerkannte Wissenschaftler, räumt reihenweise Preise ab... Was hat Sie bewogen, mit dem Masterstudiengang Cross Media in Magdeburg zusammen zu arbeiten?

R.S. Im Rahmen des Science-to-Business Projektes haben wir neben den technischen Fragestellungen rund um das Thema internet-basiertes interaktives Bewegtbild und dessen Nutzung auf einer Vielzahl von Endgeräten natürlich auch Aspekte zu betrachten, die über die reine technische Darstellung hinausgeht. Die Fraunhofer Institute arbeiten schon immer sehr markt- und industrieorientiert, nicht zuletzt deswegen fanden wir eine Zusammenarbeit sehr spannend. Von der Betrachtung des Themengebietes aus einem zusätzlichen Blickwinkel erhofften wir uns neue Impulse und Ideen zur Weiterentwicklung unsere Lösung.

Frau Prof. Strothotte, S2B ist ein Cross-Media-Projekt. Cross Media ist kein geschützter Begriff. Was verstehen Sie darunter und warum in dieser Kombination? C.S. Im Science2Business Projekt dreht sich alles um die interaktive Informationsverknüpfung verschiedener Medien. Die spannende Fragestellung ist, wie können Videos, die nicht mehr nur vorwärts und rückwärts laufen können, sondern abzweigen in verschiedene Richtungen mit eher klassischen Medien wie Texten, Kontaktinformationen auf Visitenkarten, Fotos verbunden werden. Was sich den Interessierten auftut, ist ein ganzer Informationsraum, in dem jede Person individuell recherchieren, stöbern und sich inspirieren lassen kann. Und das ist die Herausforderung: die verschiedenen Medien so miteinander zu verbinden, dass kein Informationschaos entsteht, sondern intuitiv bedienbare Informationskanäle. Interaktives, nonlineares Video stellt ganz neue Anforderungen an uns als Benutzerinnen und Benutzer, da wir doch zumeist lineare Abfolgen gewohnt sind.

an R.S.: Wo genau liegen die Herausforderungen des Projekts Science to Business?

R.S. Das Science-to-Business Projekt vereint die Nutzung einer neuartigen Technologie - unsere interaktive Videotechnologie non-linear Video - mit einem altbewährten Ziel, nämlich wissenschaftliche und technische Inhalte anschaulich darzustellen. Interaktives Video soll hier insbesondere die Außendarstellung von Projekten und Entwicklungen der Fraunhofer Institute unterstützen und verbessern. Dabei ergibt sich eine Vielzahl von Fragestellungen die es zu beantworten gilt. So beispielsweise die Darstellung der verknüpften Inhalten, deren Präsentation im Video, der Funktionsumfang der Gesamtlösung, Interoperabilität zwischen verschiedenen Inhalten und Endgeräten, bis hin zur Aufbereitung und Gestaltung der Inhalte selbst.

an C.S.: Das klingt sehr komplex. Wie sind Ihre studentischen Teams aufgestellt, damit sie diese Aufgabe lösen können?

C.S. Das ist sehr komplex und gleichzeitig sehr normal: viele der aktuellen Herausforderungen sind interdisziplinär. In unseren Cross Media Teams sind deshalb immer mehrere Professionen vertreten und da wir ein weiterbildender Studiengang sind, verfügen unsere Studierenden in ihrem jeweiligen Fachgebiet bereits über profunde Berufserfahrung. Wir haben im Team z.B. einen Kommunikationsdesigner, eine Interaction Designerin, einen IT- Spezialisten, einen Informationsarchitekten und einen Journalisten.

an R.S.: Außenstehende erstaunt es schon, dass es eine solche Plattform bislang nicht gab. Ist es für Wissenschaftler immer noch schwierig den fokussierten Blick vom Forschungsgegenstand zu heben und in die Welt hinaus zu rufen, was man gerade Fortschrittliches entwickelt hat?

R.S. Klassische Videoplattformen zur Kommunikation und Darstellung von auch wissenschaftlichen Themen gibt es schon, allerdings wurden bisher keine Lösungen realisiert, die mehr als Video bieten. Mit unserer Plattform wollen wir auch Wissenschaftlern die Möglichkeit geben Innovationen und Projektergebnisse anschaulich darzustellen und einem breitem Interessentenkreis zugänglich zu machen. Denn gerade das wird auch im Forschungsumfeld immer wichtiger.

an C.S.: Der klassische Kommunikationsweg entspricht also nicht mehr dem Zeitgeist?! Was ist das Besondere an dem entwickelten Video und seinen Inhalten?

C.S. Der komplexe Informationsraum, wo wichtige Informationen bereits so miteinander verknüpft sind, dass ich sie nicht erst selbst zusammenbringen muss. Das eröffnet individuelle Zugänge für verschiedene Bedürfnisse. Die Verknüpfung interaktiver Videos mit verschiedenen Medienformaten schafft netzartige Strukturen, die unserem assoziativen Denken viel ähnlicher sind als z.B. die linearen Strukturen eines Buches.

an R.S.: Ist es das, was Entscheider in der Wirtschaft erwarten? Steht da nicht die Präsentation vor dem Inhalt?

R.S. Ganz im Gegenteil. Die Präsentation der Inhalte ermöglicht doch erst das Wecken von Interesse. Solange ein potentieller Interessent davon nichts weiß, kann er auch nicht beginnen sich tiefgreifend zu informieren. Unsere Lösung bietet dann auch die entsprechenden Möglichkeiten sich durch im Video integrierte Produktblätter, Whitepaper, weiterführende Internetlinks und Videos bis hin zum direkten Kontakt zum Ansprechpartner die Inhalte zu erschließen.

an C.S.: Der M.A. Cross Media ist zu 80% ein Online-Studiengang? Wie haben Ihre Studenten, die ja aus ganz Deutschland kommen, das Projekt realisiert?

C.S. Wir haben im Oktober begonnen und uns dann noch weitere zwei Male im November und Januar vor Ort in den sogenannten Präsenzphasen getroffen. Dazwischen wurde intensiv zusammengearbeitet. Der Projektpartner FOKUS war einmal bei uns vor Ort beim Projekttreffen, einzelne Studierende waren in Berlin bei FOKUS und am IWM in Halle. Außerdem wurden die Projektpartner auch online befragt und interviewt.

Die Zusammenarbeit im Team und Betreuung durch mich und Management- Studiengangsberater Björn Stockleben erfolgte zum großen Teil online über unsere Lernmanagement Plattform Moodle mit Wiki, Diskussionsforen und Telekonferenzen. Außerdem gab es via Adobe Connect etliche Online-Projekttreffen, auf denen offene Fragen diskutiert, Meilensteine festgelegt und Zuständigkeiten verhandelt wurden. Aber das Arbeiten im virtuellen Team ist eine große Herausforderung und wir sind sehr froh, dass unsere Studierenden sie angenommen und sehr selbständig gearbeitet haben.

an R.S.: Das Projekt liegt vor. Hat das Ergebnis Ihre Erwartungen erfüllt?

R.S. Wir haben in den vergangenen Monaten sehr gute Erkenntnisse gesammelt und viele neue Ideen entwickelt, die wir als neue Funktionen in die Lösung integrieren können.

an C.S.: Das Projekt S2B hat seinen Schwerpunkt im Feld Interaction Design. Ein Feld, das bislang von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird. Welche Rolle spielt Interaction Design in der Zukunft?

C.S. Das Interaction Design ist eine relativ junge Fachdisziplin, die sich vor allem um die Gestaltung software-basierter Produkte kümmert. Die steigende Komplexität von verfügbaren Informationen durch immer weitere Verknüpfung, macht es immer dringlicher, gesuchte und benötigte Information zugänglich zu machen. Interaction Design entwirft Produkte und Werkzeuge, damit die Komplexität handhabbar bleibt.

Und unser S2B Projekt ist ein wunderbares Beispiel: Es geht darum, die Fülle der unterschiedlichsten Informationen so zu verknüpfen und damit zugänglich zu machen, dass jede interessierte Person ihren Mehrwert daraus ziehen kann. Neue Technologien allein werden uns nicht helfen, unser aller Leben zu verbessern. Nur wenn die Technologien eingebettet sind in einen sinnfälligen Nutzungszusammenhang oder in sinnfällige Bedienszenarien, dann gibt es wirkliche Verbesserungen. Und genau dieses Bindeglied kann das Interaction Design in der Zukunft sein.

Danke für das Gespräch.

Timeline mit crossmedialen Inhaltsangeboten

Timeline mit crossmedialen Inhaltsangeboten aus nonlinearem Video (Entwurf zum Thema Historie von Manuela Rohde)

Dreidimensionale Verknüpfung nonlinearer Videoinhalte

Dreidimensionale Verknüpfung nonlinearer Videoinhalte (Entwurf Manuela Rohde)

Nonlineares Video

Nonlineares Video mit verlinkten Zusatzinhalten und Historie (Screenshot, Entwurf zur Einbindung von Darstellungsformen von David Seifert)

 

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